»Unbekannt sein ist unangenehm, verkannt sein ist schmerzlich.«

Autor unbekannt
Quelle: Fliegende Blätter, humoristische deutsche Wochenschrift, 1845 bis 1944

In den letzten Monaten ist sie in den Medien allgegenwärtig: die Dunkelziffer. Und mehr denn je fällt mir auf, wie unpräzise und teilweise falsch dieser Begriff benutzt wird.

Schauen wir uns zunächst mal die Definition im Duden an: Die Dunkelziffer ist die »offiziell nicht bekannt gewordene Anzahl von bestimmten [sich negativ auswirkenden] Vorkommnissen, Erscheinungen«. Es gibt also eine bekannte/belegte Anzahl X, und man vermutet, dass es weitere Fälle gibt, die man aber nicht beziffern kann. Nur dieser unbekannte Anteil Y ist die Dunkelziffer (auch Dunkelfeld genannt, aus meiner Sicht viel anschaulicher).

Zusammengefasst bedeutet das:

Die tatsächliche Zahl (Z) ist die Summe aus bekannter Menge (X) und Dunkelziffer (Y).
→ Z = X + Y

Eigentlich eine klare Sache, oder? Was in den Medien aber permanent zu lesen und zu hören ist, geht ungefähr so:

1.000 Fälle sind bekannt, die Dunkelziffer ist aber vermutlich höher.

Gemeint ist damit: Es sind vermutlich mehr als 1.000 Fälle. Und ja, so verstehen wir es in der Regel auch.

Gesagt ist aber etwas wesentlich Konkreteres: In dieser Formulierung steckt die Aussage, dass es insgesamt wohl mehr als 2.000 Fälle gibt. Denn die Dunkelziffer ist ja nur der Anteil, der nicht bekannt ist (Y). Wäre der höher als der bekannte (X), läge Y in unserem Beispiel über 1.000, was in der Summe mit dem bekannten Anteil X mehr als 2.000 ergäbe.

Nun ist eine so hohe Dunkelziffer nicht auszuschließen, aber wohl auch nicht die Regel. Man weiß es eben nicht. Sinnvoll wäre es deshalb zum Beispiel so:

1.000 Fälle sind bekannt, vermutlich gibt es aber eine (hohe) Dunkelziffer.

© Juliane Topka 2021
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