»Wo ein Arzt wohnt, jammern ständig Kranke.«

Aus Spanien

Heute geht es mir um zwei Wörter, die sehr oft in gleicher Bedeutung verwendet werden: »ständig« und »stetig«. Oft sind sie tatsächlich austauschbar. Aber obwohl Nachschlagewerke beide als Synonyme des jeweils anderen verzeichnen, gibt es einen feinen Unterschied in der Bedeutung. Das zeigt wieder einmal: Synonymwörterbücher bieten Anhaltspunkte, sollten aber mit Bedacht und Sprachgefühl genutzt werden.

Vergleichen Sie mal die folgenden beiden Sätze:

Wir bilden unsere Beschäftigten ständig weiter.
Wir bilden unsere Beschäftigten stetig weiter.

Während »ständig« ausdrückt, dass etwas durchgehend oder sehr häufig stattfindet, [fast] ohne Unterbrechung andauert und sich nicht ändert, beschreibt »stetig« eine gleichmäßige Entwicklung, die durchaus aus separaten Schritten/Stationen bestehen kann, also nicht unbedingt durchgehend stattfindet. Diese Schritte ergeben dann aber in der Gesamtsicht eine beständige Tendenz, die bei »ständig« nicht notwendigerweise gegeben ist.

Mein Sprachzentrum gibt Laut, wenn ich im Zusammenhang mit Weiterbildung »ständig« lese. Natürlich lernt man im Idealfall jeden Tag dazu und hört auch das ganze Leben lang nicht damit auf. Hier aber sind ja Seminare und andere Kurse gemeint, und die finden punktuell statt. Wenn sie aufeinander aufbauen und sich ergänzen, wächst auf lange Sicht das Wissen der Belegschaft kontinuierlich an: eine stetige Entwicklung.

Dagegen ist »ständig« sinnvoll in Kombinationen wie »ständige Vertretung« oder »ständiges Mitglied«. Auch eine Herausforderung kann ständig sein: Davon können zum Beispiel alleinerziehende Elternteile ein Liedchen singen. Und wenn in einem zweiwöchigen Urlaub 14 Tage lang die Sonne schien, dann hatte man ständig schönes Wetter.

© Juliane Topka 2017
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