»Nur wer im Kleinen seine Pflicht erfüllt, hat ein Recht, im Großen beispielhaft zu wirken.«

Paul de Lagarde (1827 bis 1891), eig. Paul Anton Bötticher, deutscher Orientalist und Kulturphilosoph

Kürzlich legte mir ein Leser der »Zwei Minuten« als Vorschlag für eine weitere Ausgabe folgenden Satz aus einem Supermarkt-Prospekt vor:

Der Nutri-Score-Wert auf dem Produktbild ist beispielhaft und kann vom tatsächlichen Wert abweichen.

Wären Sie darüber gefallen, was hier falsch ist? Es geht um das Adjektiv »beispielhaft«, das in diesem Satz ausdrücken soll, dass der abgebildete Wert willkürlich gewählt und nur ein Beispiel ist. In dieser Konstruktion ist es allerdings die falsche Wahl.

Denn das Beispiel in »beispielhaft« ist nicht irgendeins. In diesem besonderen Begriff ist es als Synonym für »Vorbild« zu verstehen: Was beispielhaft ist, ist mustergültig, nachahmenswert, wie in der Wendung »Nimm dir ein Beispiel!«. Und das passt auf den Satz aus dem Prospekt nicht.

Nun muss ich zugeben: Während mir der Fehler in dem Nutri-Score-Satz sofort ins Auge sprang, wäre ich über Formulierungen wie »Die Grafik zeigt beispielhaft, dass/wie …« nicht unbedingt beim ersten Lesen gestolpert. Oder wenn, dann aus anderem Grund: Ich hätte »beispielhaft« wahrscheinlich gestrichen, weil es dort unnötig ist.

Ich vermute, dass zwischen »beispielhaft sein« (Adjektiv) und Formulierungen wie »etwas beispielhaft zeigen« (Adverb) ein Gewöhnungsunterschied liegt. Letztere Verwendung ist schon lange so verbreitet, dass sie uns heute kaum noch falsch vorkommt. Das ist meist ein sicheres Zeichen dafür, dass der Duden-Verlag schon bald den Eintrag entsprechend ergänzen wird. Noch ist das aber nicht passiert; besser wäre also etwas wie »Die Grafik zeigt [an einem Beispiel] …« oder »Die Grafik illustriert …«.

© Juliane Topka 2022
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