Gestern am späten Abend meldete der NDR per Einblendung im aktuellen Fernsehprogramm, eine Oberleitung sei am Hamburger Hauptbahnhof auf einen ICE gekracht. Ich konsultierte das Internet – das gleiche Spiel: Oberleitung kracht auf ICE. Auch in den Nachrichten kracht es immer häufiger: Der Verkehrsfunk berichtet über Autos, die in Leitplanken gekracht sind, oder über Baugerüste, die bei Sturmböen herunterkrachen.

Ich zucke immer zusammen, wenn ich so etwas höre oder lese. Für mich ist krachen ganz klar Umgangssprache; auch der Duden kennzeichnet das Verb entsprechend (siehe hier; Bedeutung 2). Umgangssprache hat in Nachrichten und sonstigen Informationstexten nichts verloren. Eigentlich. Fakt ist aber: Sie breitet sich auch und gerade dort immer mehr aus; mit dem Effekt, dass Nachrichten (in meiner Wahrnehmung vor allem Regionalmeldungen im Radio) oft klingen, als hätte ein Grundschulkind den Text geliefert.

Ich schrieb ja neulich schon mal über die Sprachentwicklung im Zusammenhang mit englischen Begriffen: Wenn Wörter und Formulierungen von immer mehr Menschen benutzt werden, gehen sie irgendwann in den allgemeinen Sprachschatz über und landen dann entsprechend auch im Duden. Das ist grundsätzlich gut so, sonst würden wir immer noch sprechen und schreiben wie im letzten Jahrhundert, und das will ja auch keiner.

Aber krachen? Was kommt als Nächstes? Comic-artige Geräuschblasen über dem Bildmaterial? Geräuschunterstützung im Radio – crash, boom, bang? Die Hauptnachrichten erklären, ein Lkw sei in ein Stauende gedonnert oder ein Räuber habe in einer Bank herumgeballert – und keiner findet die Wortwahl seltsam?

Ich glaube, ich werde alt. 😉

Zurück zur Oberleitung: Heute Morgen krachte in den Berichten interessanterweise nichts mehr, weder im Radio noch online. Eine Oberleitung sei auf den ICE gefallen, hieß es an der einen, gestürzt an der anderen Stelle. Geht doch.

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