»Für manchen hat ein Mädchen Reiz, nur bleibt die Liebe seinerseits.«

Wilhelm Busch (1832 bis 1908)

Deutsch ist manchmal eine merkwürdige Sprache: Lange bezeichnete man eine junge, unverheiratete Frau mit dem sächlichen Wort »Fräulein«, einen entsprechenden Begriff für Männer gab es aber nie. Auch weibliche Kinder sind grammatisch sächlich. Genau das wirft Fragen auf: Wenn man von einem Mädchen spricht oder schreibt, muss man dann spätere Bezüge auch sächlich formulieren oder darf man in die weibliche Form übergehen?

Konkret fragte eine Leserin nach folgendem Passus aus einem Märchen, das ihr Sohn geschrieben hatte:

Das Mädchen lebte tief im Wald, sie war wunderschön.

Darf man hier »sie« schreiben, weil das Mädchen ja schließlich ein weibliches Wesen ist? Oder ist das Genus, also das grammatische Geschlecht, vorrangig?

Der Duden ist in diesem Punkt recht gelassen: Grundsätzlich ist in den meisten Fällen beides möglich; die feminine Form geht umso besser, je weiter das Pronomen bzw. Artikelwort von »Mädchen« entfernt steht. Nur wenn es in einem Relativsatz direkt anschließt (»Das Mädchen, das eine Brille trug …«), ist das Femininum nicht möglich. Ich schätze aber, hier würde ohnehin kaum jemand auf die Idee kommen, »die« zu schreiben.

Ich selbst hätte im obigen Beispiel die Formulierung wahrscheinlich in »es« geändert, genauso hat der Lehrer es gemacht. Aber als falsch kann man »sie« hier sicher nicht bezeichnen.

© Juliane Topka 2023
error: Inhalt ist kopiergeschützt.